
Nachrichten +++ Ukraine-Krieg +++: Quarantäne wegen Choleragefahr in Mariupol – Russischer General offenbar in Ostukraine getötet
NachrichtenDas sind die wichtigsten Ereignisse der vergangenen Stunden:
- Moskau droht Kiew mit „völlig anderen Bedingungen“ für Frieden.
- EU und Aserbaidschan schließen ein neues Gasabkommen.
- Die für den Betrieb der Gaspipeline Nord Stream 1 wichtige Turbine ist einem russischen Zeitungsbericht zufolge von Kanada nach Deutschland geliefert worden. In fünf bis sieben Tagen könne sie in Russland ankommen.
- Russland hat nach Erkenntnissen britischer Geheimdienste Mitglieder der Söldnergruppe Wagner zur Verstärkung seiner Truppen an der Front eingesetzt.
- Das russische Militär soll sich nach Angaben des Verteidigungsministeriums auf die Zerstörung von Langstrecken- und Artilleriewaffen in der Ukraine konzentrieren.
So berichtet das Handelsblatt über den Ukrainekrieg:
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat die Entlassung von 28 Mitarbeitern des ukrainischen Geheimdienstes SBU angekündigt. Es gehe um unterschiedlich hohe Posten und Funktionen, „aber die Begründungen sind ähnlich: unbefriedigende Arbeitsergebnisse“, sagte Selenski in seiner täglichen Videoansprache am Montagabend. Am Vortag hatte er schon seinen Geheimdienstchef und Jugendfreund Iwan Bakanow sowie die Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa suspendiert.
Nun stellte Selenski eine Revision der gesamten Arbeit des Geheimdienstes in Aussicht. Der ukrainische Präsident hatte sich zuletzt verärgert darüber geäußert, dass mehr als 60 Mitarbeiter von SBU und Generalstaatsanwaltschaft in den besetzten Gebieten geblieben seien. Kiew wertet dies als Hochverrat. Medien verwiesen allerdings auch darauf, dass der 47-jährige Bakanow als Fachfremder nur wenig Autorität unter seinen Angestellten genossen habe.
Gleichzeitig wurde bekannt, dass die Ukraine auch den Kampf gegen feindliche Artilleriebeobachter verstärken will. Immer wieder sollen Ukrainer dem Feind Positionen der eigenen Truppen verraten und das feindliche Artilleriefeuer korrigieren. Die Anweisung, gegen solche Verräter vorzugehen, komme direkt vom Präsidenten, teilte dessen Sicherheitsberater Olexij Danilow am Montag mit. Zuvor hatte der Militärgouverneur der von russischem Beschuss schwer getroffenen Region Mykolajiw, Witali Kim, 100 Dollar (knapp 100 Euro) Kopfgeld für die Ergreifung von Artilleriebeobachtern ausgelobt.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat mit seinem brasilianischen Kollegen Jair Bolsonaro telefoniert. „Ich habe über die Lage an der Front informiert. Die Bedeutung der Wiederaufnahme der ukrainische Getreideexporte erörtert. Ich rufe alle Partner dazu auf, sich den Sanktionen gegen den Aggressor anzuschließen“, schrieb Selenski am Montag auf Twitter.
Brasiliens rechter Präsident Bolsonaro verfolgt in dem seit fast fünf Monaten andauernden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nach eigenen Angaben eine Linie des „Gleichgewichts“. Medienberichten zufolge ist Brasilien dabei, mit Russland neue Geschäfte über den Kauf von Diesel abzuschließen. „Die wirtschaftlichen Schranken der Vereinigten Staaten und Europas gegen Russland haben nicht funktioniert“, sagte Bolsonaro jüngst.
Ein Besuch Bolsonaros in Russland - inklusive Treffen mit Putin - wenige Tage vor Beginn des Krieges im Februar diente laut Bolsonaro der Verbesserung der Handelsbeziehungen. „Brasilien hängt in großen Teilen von Düngemitteln aus Russland, Belarus ab“, sagte er damals dem Sender Radio Tupi. Das südamerikanische Land ist weltweit einer der führenden Agrarproduzenten. Der Besuch hatte in Brasilien, das vor allem im Süden rund 600.000 ukrainischstämmige Einwohner hat, angesichts des Zeitpunkts Empörung ausgelöst.
Der kremlkritische russische Fernsehsender TV Rain hat am Montag wieder seinen Betrieb aufgenommen. „Nach der erzwungenen Sendeunterbrechung im März ist es uns gelungen, das Team und die wichtigsten Prinzipien zu erhalten: Wie die letzten zwölf Jahre werden wir über Ereignisse und Erscheinungen ohne Zensur und Manipulation berichten“, teilte der Sender auf seinem Youtube-Kanal mit, über den er am Abend seine Berichterstattung startete.
Der Start um 20.00 Uhr Moskauer Zeit (19.00 Uhr MESZ) begann mit der Nachrichtensendung „Hier und jetzt“. Die Rückkehr in den Sendebetrieb werde allmählich vonstatten gehen, zunächst sollen nur Nachrichtenprogramme und einige Autorenstücke ausgestrahlt werden, kündigte TV Rain an. „Wegen der in Russland erlassenen repressiven Gesetze waren wir gezwungen auszureisen und arbeiten jetzt außerhalb des Landes“, teilte das Unternehmen mit. Die neue TV-Gesellschaft sei in Lettland gegründet worden, Studios sollen aber auch in Amsterdam, Tiflis und Paris aufgebaut werden.
In Russland hatte TV Rain den Sendebetrieb am 3. März eingestellt. Zwei Tage zuvor war die Webseite des Kanals von der russischen Medienaufsichtsbehörde wegen der Verbreitung angeblicher Falschinformationen über den Einsatz der russischen Armee in der Ukraine gesperrt worden. Der Sender hatte sein Programm zuletzt weitgehend über das Internet verbreitet, nachdem Kabelanbieter den oppositionellen Sender schon 2014 im Zuge der Krim- und Ukrainekrise abgeschaltet hatten.
Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine spricht die Frau des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski, Olena Selenska, am Mittwoch in den USA vor Mitgliedern des US-Kongresses. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, teilte am Montag mit, alle Mitglieder ihrer Parlamentskammer und des Senats – der anderen Kammer – seien zu dem Auftritt im Auditorium im Besucherzentrum des Kapitols eingeladen.
US-Außenminister Antony Blinken wollte bereits am Montag mit Selenska zusammenkommen. Die First Lady der USA, Jill Biden, hatte im Mai überraschend die Ukraine besucht und dabei auch Selenska getroffen. Die USA sind seit dem russischen Einmarsch der mit Abstand wichtigste Waffenlieferant der Ukraine.
Russland hat der Ukraine im Fall einer Wiederaufnahme von Friedensgesprächen härtere Bedingungen als zuvor in Aussicht gestellt. Bei den Verhandlungen im März in der Türkei seien konkrete Resultate erzielt worden, ehe Kiew den Kontakt abgebrochen habe, klagte Juri Uschakow, ein Berater von Russlands Präsident Wladimir Putin, am Montag der Nachrichtenagentur RBK zufolge. Ins Detail ging er nicht.
Wenn jetzt die Verhandlungen wieder aufgenommen werden, dann zu völlig anderen Bedingungen.
Juri Uschakow, Berater von Russlands Präsident Wladimir Putin
Russische Truppen hatten sich nach den Verhandlungen – auch angesichts des erbittertem militärischen Widerstands der Ukrainer – nördlich von Kiew zurückgezogen. Daraufhin wurden unter anderem in der Kleinstadt Butscha Massengräber von Zivilisten entdeckt. Danach kam es bislang zu keinen neuen Friedensgesprächen.
Als Ziele des in Moskau „militärische Spezialoperation“ genannten Kriegs gegen die Ukraine hatte Putin bereits im Februar die „Entnazifizierung“ und „Entmilitarisierung“ der Ukraine, ihren neutralen Status, die Abtretung der Gebiete Donezk und Luhansk sowie die Anerkennung der seit 2014 annektierten Krim als russisch genannt. Mit diesen Forderungen ist Moskau auch in die Verhandlungen gegangen.
Russische Truppen haben aber auch Teile des Gebiets Saporischschja im Südosten der Ukraine und fast das gesamte Gebiet Cherson im Süden besetzt. Die dort eingesetzte prorussische Verwaltung spricht seit längerem von Plänen, Referenden über einen Beitritt zu Russland durchzuführen. Ein Befehlshaber der russischen Truppen hat zudem die Schaffung eines russischen Korridors entlang der Schwarzmeerküste bis hin zur Konfliktregion Transnistrien in der Nachbarrepublik Moldau als Kriegsziel genannt.
Im Osten der Ukraine haben die russischen Truppen nach Angaben des ukrainischen Militärs ihre Angriffe bei der Stadt Awdijiwka nahe der Großstadt Donezk wieder aufgenommen. Die Angriffe seien aber zurückgeschlagen worden, teilte der ukrainische Generalstab am Montag in seinem Lagebericht mit. Die von Russland gestützten Donezker Separatisten behaupteten hingegen, das Dorf Kamjanka erobert zu haben. Awdijiwka liegt im Gebiet Donezk nur wenige Kilometer nördlich der gleichnamigen Großstadt. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben beider Kriegsparteien nicht.
Den neuen Angriffsbemühungen war ein Befehl des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu vorausgegangen. Der hatte gefordert, die Angriffe in der Ukraine zu verstärken, um den Beschuss der Infrastruktur im von Russland besetzten Donbass zu verringern. Donezk war zuletzt häufig das Ziel ukrainischer Artillerieangriffe. Es ist erklärtes Ziel Moskaus, die Region wie zuvor das benachbarte Gebiet Luhansk komplett der ukrainischen Kontrolle zu entreißen.
Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs gibt es zudem weiter harte Kämpfe entlang der Verteidigungslinie zwischen Siwersk und Bachmut im nördlichen Teil des Gebiets Donezk. Die russischen Truppen sollen auch hier keine Geländegewinne erzielt haben. Eine Meldung über eine Eroberung von Siwersk durch die Russen wurde zuerst von russischen Korrespondenten und später auch vom Chef der Militärverwaltung der Stadt, Olexij Worobjow, gegenüber dem Freien Radio dementiert.
Trotz eines Schadens an einer Gas-Pipeline in der Region Cherson sieht der ukrainische Versorger Naftogaz keine Hinweise, dass die Gaslieferungen nach Europa unterbrochen sind. Ein Sprecher des Unternehmens erklärt, es gebe keinen unmittelbaren Beweis dafür, dass die Entwicklungen in Cherson den Transit von russischem Erdgas nach Europa beeinträchtigt hätten.
Die Nachrichtenagentur Tass berichtet, dass die Pipeline durch einen Angriff der ukrainischen Streitkräfte beschädigt worden sei. Russische Truppen haben inzwischen große Teile des Südens und Ostens der Ukraine erobert. Die südliche Region Cherson fiel relativ schnell an Russland.
Seit Kriegsbeginn haben die russischen Behörden nach Angaben eines Bürgerrechtlers 200 Strafverfahren gegen Kritiker des Angriffs auf die Ukraine eingeleitet. Die meisten Verfahren beruhten auf dem neu verabschiedeten umstrittenen Gesetz zur „Diskreditierung der russischen Armee“, teilte der russische Menschenrechtsanwalt Pawel Tschikow am Montag auf seinem Telegram-Kanal mit.
Seiner Statistik nach haben Innenministerium, Ermittlungskomitee und der Geheimdienst FSB insgesamt 22 unterschiedliche Paragrafen des Strafgesetzbuches herangezogen, um Proteste gegen den Krieg in Russland sowohl auf der Straße als auch im Internet zu unterdrücken. Die drei häufigsten Vorwürfe waren demnach angebliche Falschmeldungen über den Einsatz der russischen Streitkräfte (insgesamt 70 Verfahren), Vandalismus (33 Verfahren) und Telefonterror (17 Verfahren).
Der erste nach dem neuen „Fake-Gesetz“ verurteilte Oppositionelle in Russland war der Moskauer Kommunalpolitiker Alexej Gorinow, der Anfang Juli sieben Jahre Gefängnis bekam. Auch gegen den bekannten liberalen Oppositionspolitiker Ilja Jaschin haben die Behörden wegen angeblicher Diskreditierung der Armee ein Verfahren eröffnet. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Offiziell bezeichnet der Kreml den Angriff auf das Nachbarland nicht als Krieg, sondern als „militärische Spezialoperation“ zur „Entnazifizierung“ und „Entmilitarisierung“ der Ukraine und der „Befreiung“ der Gebiete Donezk und Luhansk, die Russland als unabhängig anerkannt hat. Vorwürfe von Kriegsverbrechen der russischen Armee weist Moskau zurück.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat erneut mit der Blockade der Norderweiterung der Nato um Schweden und Finnland gedroht. Er wolle daran erinnern, dass die Türkei den „Prozess einfrieren“ werde, wenn gestellte Bedingungen nicht erfüllt würden, sagte Erdogan am Montag. Schweden gebe kein gutes Bild ab. Die Erweiterung muss von allen 30 Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. Erdogan hatte bereits zuvor angedroht, die Beitrittsprotokolle dem türkischen Parlament nicht vorzulegen.
Ankara hatte den Beitrittsprozess als einziges Nato-Mitglied zunächst blockiert und diese Haltung unter anderem mit der angeblichen Unterstützung Schwedens und Finnlands von „Terrororganisationen“ begründet. Es geht dabei unter anderem um die syrische Kurdenmiliz YPG sowie die Gülen-Bewegung, die die Türkei für den Putschversuch 2016 verantwortlich macht. Nach einer schriftlichen Erklärung der beiden Länder gab die Türkei Ende Juni ihren Widerstand zumindest vorerst auf.
Erdogan hatte kurz darauf etwa gesagt, Schweden habe die Auslieferung von mehr als 70 „Terroristen“ versprochen. In dem offiziellen Dokument war das so nicht festgehalten worden. Die drei Länder hatten aber erklärt, unter anderem Abschiebungen erleichtern zu wollen. Aus Schweden hieß es, schwedische Staatsbürger würden nicht ausgeliefert, Nicht-schwedische Bürger könnten auf Ersuchen anderer Länder ausgeliefert werden, allerdings nur, wenn dies vereinbar mit schwedischem Recht und der Europäischen Menschenrechtskonvention sei.
Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sissi hat sein Land als Gaslieferant für Europa und Deutschland angeboten. Wenn Ägypten helfen könne, werde man das tun, sagte er am Montag nach einem Gespräch mit Kanzler Olaf Scholz in Berlin. „Ägypten legt großen Wert auf eine Partnerschaft mit Deutschland“, sagte er. Scholz selbst betonte in Anspielung auf die Gasabhängigkeit von Russland, dass es gut sei, die Versorgung auf eine breite Basis zu stellen. Die Erkenntnis sei, dass man sich nicht nur auf einen Partner verlassen dürfe. Beide Politiker betonten aber auch die Bedeutung einer späteren Zusammenarbeit im Wasserstoffbereich.
Ägypten hatte mit der EU-Kommission zudem vereinbart, dass israelisches Gas aus Vorkommen im Mittelmeer über das Land nach Europa geliefert werden soll. Das nordafrikanische Land fördert bereits Erdgas und ist zudem ein entscheidender Akteur beim Versuch, das öl- und gasreiche Nachbarland Libyen zu stabilisieren.
Am Montag hat der russische Gaskonzern Gazprom gegenüber mehreren europäischen Großkunden die Lieferausfälle nach Europa mit höherer Gewalt (Force Majeure) erklärt. Das bestätigte der Düsseldorfer Energiekonzern Uniper dem Handelsblatt. „Das Unternehmen hat für die bisherigen und aktuellen Fehlmengen bei den Gaslieferungen rückwirkend Force Majeure geltend gemacht“, sagte ein Uniper-Sprecher. Diese Forderung halte man allerdings für nicht gerechtfertigt. Uniper habe den Force-Majeure-Anspruch deswegen formell zurückgewiesen.
Force majeure ist der französische und juristisch gebräuchliche Ausdruck für höhere Gewalt. Dieser nicht selbst verschuldete Umstand macht es einem Unternehmen unmöglich, bestimmte Verträge einzuhalten. Wer sich aber wann genau darauf berufen kann, darüber herrscht große Unsicherheit.
Seit dem 14. Juni hat Gazprom seine Gaslieferungen über die Ostseepipeline Nord Stream 1 nach Deutschland massiv gedrosselt und das mit technischen Mängeln begründet. Kritiker werfen dem Kreml mit Blick auf die eingeschränkten Gaslieferungen dagegen politisches Kalkül vor.
Die Europäische Union (EU) will angesichts der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine die Erdgasimporte aus Aserbaidschan verdoppeln. Die Importe aus dem Kaukasus-Land sollen bis 2027 auf mindestens 20 Milliarden Kubikmeter pro Jahr erhöht werden, sagte EU Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag.
Mit dieser Absichtserklärung schlagen wir heute ein neues Kapitel in unserer Energiezusammenarbeit mit Aserbaidschan auf.
Ursula von der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin
Das Land sei ein wichtiger Partner in den Bemühungen der EU, sich von russischen Energielieferungen zu lösen. Die Gasimporte aus Aserbaidschan würden bereits erhöht. So werden in diesem Jahr voraussichtlich zwölf Milliarden Kubikmeter Erdgas in die EU geliefert im Vergleich zu 8,1 Milliarden Kubikmeter 2021.
Die Bundesregierung hat der Forderung nach einer „Nationalen Ukraine-Konferenz“ eine Absage erteilt. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagte am Montag in Berlin, sie könne sagen, „dass wir zu allen Themen, die die Ukraine betreffen, ständig im Austausch sind, sowohl im parlamentarischen Raum als auch die Minister, das Verteidigungsministerium und so weiter“.
Hintergrund war ein Brief der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann an Bundeskanzler Olaf Scholz vom Samstag. Die FDP-Politikerin hatte darin verlangt, „die Karten auf den Tisch“ zu legen und zu klären, was Deutschland aktuell für die von Russland angegriffene Ukraine leiste und was in den kommenden Wochen noch getan werden könne. Sie plädierte für ein Treffen, bei dem Vertreter aus Politik und dem Bundeskanzleramt, der Rüstungsindustrie, den Gewerkschaften und der Bundeswehr weitere Schritte abstimmen.
Hoffmann lehnte es ab, den Vorschlag zu kommentieren. Auf den Brief werde man nicht reagieren. Strack-Zimmermann entgegnete auf Twitter: „Ich hoffe nicht, dass im Bundeskanzleramt in diesem Stil auf die monatelangen Bitten der Ukraine regiert wurde bzw. reagiert wird.“
Russlands Präsident Wladimir Putin hat die westlichen Sanktionen als große Herausforderung für sein Land bezeichnet – sich aber weiter optimistisch gezeigt. „Es ist klar, dass dies eine große Herausforderung für unser Land ist, aber wir werden nicht nur nicht aufgeben“, sagte Putin am Montag der Agentur Interfax zufolge. „Natürlich nicht, im Gegenteil: Während wir die kolossale Menge an Schwierigkeiten anerkennen, die vor uns stehen, werden wir intensiv und kompetent nach neuen Lösungen suchen.“ Es sei nicht möglich, Russland mit einem „riesigen Zaun“ vom Rest der Welt zu isolieren.
Moskau betont immer wieder, die weitreichenden Strafmaßnahmen, die der Westen als Reaktion auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine verhängt hat, gut zu überstehen – und sogar gestärkt aus ihnen hervorzugehen. Zugleich wirken sich die Sanktionen bereits jetzt auf die russische Luftfahrt und die Autobranche aus.
Ungarn will sämtliche Gaslieferungen aus Russland auf die Turkstream-Pipeline umleiten, die das Gas über Serbien in das mitteleuropäische Land bringt. Derzeit führe Ungarn Gespräche mit Russland über die geplante Änderung, sagte der ungarische Außenminister Peter Szijjarto an Montag. Der Schritt sei notwendig, da die Gaslieferungen aus Österreich nach Ungarn durch die Unsicherheit im westeuropäischen Pipeline-System gesunken seien. Die südliche Lieferroute über Serbien sei am stabilsten. Ungarn hatte im vergangenen Jahr einen Vertrag mit Russland mit einer Dauer von 15 Jahren geschlossen. Dabei wurde statt der bisherigen Transferroute über das ukrainische Staatsgebiet vertraglich festgelegt, dass 3,5 Milliarden Kubikmeter über die neue Gaspipeline Turkstream über Serbien und eine Milliarde Kubikmeter über Österreich nach Ungarn geliefert werden.
Auf der Tagesordnung stünden organisatorische Details zur Einrichtung eines Koordinationszentrums in Istanbul, zur Identifizierung sicherer Wege sowie zu Kontroll-Stationen an den Häfen. Der Minister hatte am Donnerstag noch für diese Woche eine Unterzeichnung der gemeinsamen Vereinbarung in Aussicht gestellt. In ukrainischen Häfen stecken wegen des Krieges Schätzungen zufolge etwa 20 Millionen Tonnen Getreide fest.
Bei der Gasversorgung ist Polen weniger anfällig als Deutschland, aber um erschwingliche Kohle für die Heizsaison muss sich die Regierung nach dem Stopp von Importen aus Russland bemühen. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und andere Regierungsmitglieder sowie Vertreter der Energie- und Kohleindustrie berieten deshalb am Montag im schlesischen Bergbaurevier, wie die Agentur PAP meldete.
Kohle ist in dem östlichen EU- und Nato-Land immer noch der wichtigste Energieträger. Hunderttausende Polen heizen zu Hause mit Steinkohle, auch wenn der Anteil dieser Haushalte in der Saison 2021/22 Umfragen zufolge auf 27 Prozent gesunken ist.
Um Privatverbraucher vor Preissteigerungen zu schützen, sollen sie nach einem neuen Gesetz nicht mehr als 996,60 Zloty (208 Euro) je Tonne Steinkohle zahlen müssen. Es gibt aber Klagen, dass der Brennstoff zu diesem Preis nicht zu kaufen sei. Für Kohlehändler ist Medienberichten zufolge unklar, wie hoch staatliche Zuschüsse ausfallen werden. Nach dem Treffen kündigte ein Regierungssprecher für Dienstag weitere Beratungen im Kabinett an, wie die Bevölkerung bei der Beschaffung der Steinkohle unterstützt werden kann.
Die staatlichen Kohlefirmen PGE Paliwa und Weglokoks bekamen schon vergangene Woche von der Regierung den Auftrag, bis zum Herbst auf dem Weltmarkt 4,5 Millionen Tonnen Kohle zusätzlich zu beschaffen. Wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat die EU im April die Einfuhr von Kohle aus Russland verboten. Bei Gas verfolgt Polen anders als Deutschland schon seit Jahren die Politik, sich von Russland unabhängig zu machen.
Nach der Ankündigung über eine Ausweitung der Kampfhandlungen hat Russlands Armee neue Angriffe auf die Ostukraine bestätigt. Im Gebiet Donezk sei eine Gruppierung ausländischer Söldner angegriffen worden, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Montag. Es seien bis zu 250 Kämpfer getötet worden. Unabhängig überprüfen lässt sich die Zahl nicht. Auf einem Flugplatz seien zudem zwei ukrainische Militärhubschrauber zerstört worden, sagte Konaschenkow. Darüber hinaus bestätigte er Angriffe auf das Gebiet Mykolajiw.
Die ukrainische Seite berichtete, dass auf dem von ihr kontrollierten Teil von Donezk am Vortag zwei Zivilisten getötet worden seien. Zehn weitere seien verletzt worden, sagte der Militärgouverneur des Gebiets, Pawlo Kyrylenko.
Die EU will weitere 500 Millionen Euro für die Lieferung von Waffen und Ausrüstung an die ukrainischen Streitkräfte zur Verfügung stellen. Das kündigte EU-Ratspräsident Charles Michel am Montag nach Beratungen der Außenminister der EU-Staaten in Brüssel an. Mit der neuen Unterstützung erhöhen sich die für die Ukraine zur Verfügung gestellten EU-Mittel für Militärhilfe auf 2,5 Milliarden Euro. „Europa steht an der Seite der Ukraine“, schrieb Michel in einer Twitter-Nachricht an die Adresse des ukrainischen Präsidenten Wolodmir Selenski.
Ein erstes Paket über 500 Millionen Euro war bereits Ende Februar bewilligt worden, drei weitere folgten dann im März, April und Mai. Mit den Geldern werden laut EU-Angaben Waffen, aber auch Dinge wie persönliche Schutzausrüstung, Sanitätsmaterial und Treibstoff finanziert.
Aus dem vierten Paket waren beispielsweise 490 Millionen Euro für Waffen und Munition sowie zehn Millionen Euro für Ausrüstung vorgesehen. Als konkrete Beispiele für geplante Waffenlieferungen nannte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell zuletzt Artilleriegeschütze und Panzerfahrzeuge.
Die von Siemens gewartete Turbine für die Nord Stream 1 Gaspipeline ist nach Angaben des Wirtschaftsministeriums nur eine Ersatzturbine. „Es handelt sich um eine Ersatzturbine für den Einsatz im September“, sagte eine Sprecherin des Ministeriums am Montag in Berlin. Es sei ein Vorwand der russischen Seite, dass wegen der Wartung dieser Turbine der Gasfluss durch die Nord Stream 1 Pipeline habe gedrosselt werden müssen. Die Sprecherin machte keine Aussagen zur Frage, wo sich die Turbine jetzt befindet und wann sie beim Eigentümer Gazprom ankommt, weil dies auch Sicherheitsfragen berühre.
Russland hat nach Erkenntnissen britischer Geheimdienste Mitglieder der Söldnergruppe Wagner zur Verstärkung seiner Truppen an der Front eingesetzt. Die Wagner-Gruppe senke ihrerseits die Rekrutierungsstandards und stelle auch verurteilte Straftäter und bisher für den Einsatz gesperrte Personen ein, teilt das Verteidigungsministerium in London mit. Dies könne potenziell Auswirkungen auf die Schlagkraft des russischen Militärs haben.
Präsident Wladimir Putin hatte zu einem früheren Zeitpunkt erklärt, Wagner und ähnliche Organisationen würden weder vom russischen Staat bezahlt noch würden sie Russland vertreten. Britische Geheimdienste hatten bereits zuvor berichtet, dass Wagner-Söldner in den Osten der Ukraine geschickt worden seien.
Zu Spannungen zwischen Söldnern und regulären militärischen Einheiten könnte laut den britischen Experten führen, dass Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin kürzlich für den Einsatz der Truppe in der ostukrainischen Region Luhansk die Auszeichnung als „Held der Russischen Föderation“ erhalten habe. „Das kommt zu einer Zeit, in der eine Reihe sehr hochrangiger Kommandeure ausgetauscht werden“, so die Mitteilung der Briten. Die Moral der russischen Truppen könne davon negativ beeinflusst werden.
In der Stadt Torezk in der ostukrainischen Region Donezk sind nach Angaben des staatlichen Notfalldienstes sechs Menschen durch russischen Beschuss getötet worden. Fünf Leichen seien aus den Trümmern eines zweistöckigen Hauses geborgen worden, teilt der Dienst auf Facebook mit. Ein weiterer Mensch sei im Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen. Russland hat wiederholt erklärt, bei dem von ihm so bezeichneten militärischen Sondereinsatz würden keine Zivilisten vorsätzlich angegriffen.
Wer an das Wort von Putin immer noch glaubt, der kann auch an den Weihnachtsmann oder an den Osterhasen glauben.
Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) zu den Verhandlungen zum Ende der Getreideblockade
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat nach Angaben eines seiner Berater den Chef des Inlandsgeheimdienstes SBU und eine Generalstaatsanwältin suspendiert, nicht aber entlassen. Dies sei aufgrund laufender Ermittlungen geschehen, sagt Andrij Smyrnow, der stellvertretende Leiter des Präsidialamts, im ukrainischen Fernsehen. Auf die Frage, ob beide auf ihre Posten zurückkehren könnten, wenn die Ermittlungen sie entlasten, antwortet Smyrnow: „Wir leben in einem gesetzestreuen Land, und das kann ich mir natürlich vorstellen.“ Am Sonntag hat Selenski mitgeteilt, Bakanow und Wenediktowa seien wegen ihrer Verantwortung für viele Fälle von Kollaboration mit Russland abgesetzt worden.
Es gibt keine festen Zeitrahmen. Das Wichtigste ist die Wirksamkeit der Umsetzung dieser Operation.
Kremlsprecher Dmitri Peskow
Russland hat sich nach Kremlangaben keine Fristen für die Dauer des Krieges gegen die Ukraine gesetzt. Wenn alle Ziele in der Ukraine erreicht seien, würden die Kampfhandlungen eingestellt, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in einem am Montag veröffentlichten Interview mit dem iranischen Rundfunk. Das Staatsfernsehen in Moskau brachte Auszüge aus dem Interview, das Peskow vor einem Besuch von Kremlchef Wladimir Putin an diesem Dienstag im Iran gab.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sieht in europäischen Hauptstädten zunehmende Zweifel an der Sanktionspolitik gegen Russland. „Einige europäische Staats- und Regierungschefs haben gesagt, die Sanktionen seien ein Fehler“, sagte der Spanier am Montag am Rande eines EU-Außenministertreffens in Brüssel. Es gebe eine große Debatte darüber, ob die Sanktionen wirksam seien und die EU mehr träfen als Russland.
Zugleich machte Borrell deutlich, dass er die Diskussion für falsch hält. Er warf Kritikern der Sanktionen Falschinformationen vor. Es gebe beispielsweise Leute, die behaupteten, dass das Öl-Embargo zu einem Anstieg des Öl-Preises geführt habe, sagte der EU-Chefdiplomat. Dabei sei der Ölpreis nach der Verabschiedung des Embargos gesunken und derzeit auf dem gleichen Niveau wie vor dem Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine.
„Ich wünsche mir, dass Menschen eine Zahl hinter jedes ihrer Argumente stellen“, sagte Borrell. Die russischen Wirtschaftsdaten zeigten, wie die Sanktionen wirkten, so zum Beispiel die zur Produktion von Autos und Maschinen seit Beginn des Krieges.
Zu den lautesten Kritikern der Sanktionspolitik der EU gehörte zuletzt der ungarische Ministerpräsidenten Viktor Orban. Er sagte Ende der vergangenen Woche in einer Radiosendung, die Sanktionspolitik habe nicht nur die an sie geknüpften Hoffnungen nicht erfüllt, sondern eine entgegengesetzte Wirkung ausgelöst. Anfänglich habe er geglaubt, man hätte sich nur „ins eigene Knie geschossen“, jetzt sei aber erkennbar, dass es ein Schuss in die Lunge der europäischen Wirtschaft gewesen sei, die jetzt überall um Luft ringe.
Die für den Betrieb der Gaspipeline Nord Stream 1 wichtige Turbine ist einem Zeitungsbericht zufolge repariert und von Kanada nach Deutschland geliefert worden. Sie sei am Sonntag per Flugzeug nach Deutschland gebracht worden, berichtet die russische Zeitung „Kommersant" unter Berufung auf mit den Vorgängen vertraute Personen. Sollte es keine Probleme mit der Logistik oder dem Zoll geben, werde es weitere fünf bis sieben Tage dauern, bis die Turbine in Russland ankomme.
Der Hersteller Siemens Energy wollte am Montag keine Angaben zum Stand der Dinge machen. Es bleibe dabei, „dass es unser Ziel ist es, die Turbine so schnell wie möglich zu ihrem Einsatzort zu transportieren“, hieß es auf Anfrage in München.
In der umkämpften Stadt Mykolaiw im Süden der Ukraine hat es nach ukrainischen Angaben in der Nacht mindestens zehn Explosionen gegeben. Informationen über Opfer lägen zunächst nicht vor, teilt der Generalstab mit. Unterdessen seien in zwei Orten der Region Donezk zwei Menschen getötet und zehn weitere verletzt worden. Kampfhandlungen gebe es aktuell nahe Horliwka zwischen den Städten Luhansk und Donezk. In mehreren Orten der Region Donezk seien russische Angriffe zurückgeschlagen worden. Das russische Militär setze auch Mittel der radio-elektronischen Kampfführung ein, um die Kommunikation über Satelliten zu stören, berichtet der Generalstab weiter.
Quelle