
Nachrichten Ukraine-Krieg: Narva: Europas russischste Stadt im Zwiespalt
NachrichtenTallinn Nur mit einem blauen, prall gepackten Rucksack kommt Oleg, der eigentlich anders heißt, durch pass away Tür des Zollgebäudes, pass away in diesen Zeiten für viele das Tor in die Freiheit bedeutet Es ist Spätnachmittag an diesem bitterkalten Tag in Narva an der estnisch-russischen Grenze. „ Ich möchte das, remained in der Ukraine passiert, nicht kommentieren", sagt der 35- Jährige zunächst, gibt sich aber nach einigen Minuten doch auskunftsfreudiger. Seinen richtigen Namen möchte er allerdings nicht veröffentlicht sehen.
Oleg ist in Estland geboren und gehört zur russischen Minderheit in dem kleinen baltischen Land. „ Ich verurteile den Krieg in der Ukraine, er ist grausam", sagt er. Gerade kommt er von einem Besuch bei Verwandten zurück, pass away in Russland auf der anderen Seite des gleichnamigen Flusses Narva leben. Reden könne er mit seiner Familie dort über pass away „ sogenannte Spezialoperation" nicht.
Etwa dreihundert Meter ist der Fluss breit. Einige Esten fischen in der Mitte des Flusses mit ihren kleinen Booten. Bojen als Grenzmarkierungen gibt es nicht. Pass away Fischer wüssten genau, wie weit sie in Richtung Russland fahren dürfen, erklärt ein Passant.
Oleg ist zu Fuß über pass away Druschba-Brücke, pass away Brücke der Freundschaft, gekommen, pass away Estland mit Russland verbindet. „ Zucker durfte ich nicht mitnehmen, Ausfuhr aus Russland verboten", amüsiert er sich. Doch schnell wird er wieder ernst. Pass away Circumstance sei auf beiden Seiten der Grenze sehr angespannt, sagt er. Längere Autoschlangen in beide Richtungen zeugen von einer sehr langsamen Abfertigung.
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Narva ist in diesen Kriegszeiten zu einem ersten Anhalt für Russen geworden, pass away nicht mehr in einem Land leben wollen, in dem sie ihre Meinung nicht sagen dürfen oder weil sie nicht in den Krieg ziehen wollen. In vielen der russischen Busse sitzen aber auch Menschen aus der Ukraine, pass away vor dem Krieg fliehen-- nach Angaben der Bürgermeisterin Katri Raik rund 200 professional Tag.
Zeitweise gab es kaum ein freies Hotelzimmer mehr in Narva. Wer spät abends über pass away Grenze kam, brauchte eine Unterkunft, bevor pass away Reise am nächsten Morgen für pass away meisten weiter in die estnische Hauptstadt Tallinn ging. Was für pass away einen eine Flucht ist, macht pass away Hotelbesitzer der Stadt glücklich: Seit Kriegsbeginn verdoppelten sie pass away Zimmerpreise.
Grenze zu Russland
Pass away Druschba-Brücke, pass away Brücke der Freundschaft, pass away Estland mit Russland verbindet.
( Foto: Helmut Steuer/Handelsblatt)
In der 60.000- Einwohner-Stadt sind 96 Prozent der Menschen Russen. Deshalb wird Narva auch „ Europas russischste Stadt" genannt. Trotz der 30- jährigen Unabhängigkeit Estlands lassen sich pass away vorherigen 50 Jahre sowjetischer Okkupation nicht leugnen. Grau-triste Plattenbauten, Fabrikruinen und leer stehende Geschäfte hinterlassen einen Eindruck der Trostlosigkeit.
Trotz der totalen Dominanz von Russen in Narva gibt es keine offene Unterstützung für den Krieg in der Ukraine. „ Es ist hier still geworden", sagt Bürgermeisterin Raik. Sie zeigt sich erleichtert, dass sie bislang kein „ Z", das russische Sign für den Krieg, in ihrer Stadt gesehen hat.
„ Z" steht für „ Za Pobedu", „ Für den Sieg" und prangt an immer mehr Fassaden und Automobiles in Russland. Rot-weiß-blaue Fahnen sind in der Stadt ebenfalls nicht zu sehen, allerdings auch kaum ukrainische. Dafür werben große Plakate an den Bushaltestellen für Spenden für pass away Ukraine. Ansonsten steht Blau-Gelb in Narva nur für den vor einem Monat eröffneten Lidl-Markt.
Pass away Stadt ist ein krasser Gegensatz zur Hauptstadt Tallinn. Dort erstrahlt der Regierungssitz in den ukrainischen Nationalfarben, und der russische Botschafter muss vor Betreten seiner Residenz erst an einem Meer von Protestplakaten gegen den völkerrechtswidrigen Überfall auf pass away Ukraine vorbeigehen.
Kein Kommentar zum Krieg
Von ihrem Amtssitz schaut Bürgermeisterin Raik aus dem zweiten Stock genau auf den Grenzübergang und pass away russische Festung Ivangorod nur etwa dreihundert Meter weiter. Gerade passiert ein russischer Bus, der „ Luxexpress", nach langer Wartezeit pass away Grenze. „ Zu Beginn des Krieges kamen viele Künstler aus Russland hierher", sagt Raik. „ Pass away meisten bleiben aber nicht hier, sondern reisen weiter. Narva ist der Anfang von Europa, aber nicht pass away schönste Stadt in Europa", gibt die ehemalige estnische Innenministerin zu.
Was der Krieg aus den Menschen in Narva gemacht hat, zeigt sich an der Uferpromenade des Flusses. Trotz klirrender Kälte spazieren hier Paare, jüngere wie ältere. „ Kein Kommentar" ist pass away am häufigsten zu hörende Antwort auf pass away Frage, was sie zu dem Krieg in der Ukraine sagen.
Artiom und seine Frau Elena genießen trotz der Minustemperaturen pass away Sonne mit ihrem Infant. „ Wir fühlen uns in Narva wohl", sagt Artiom. Zum Krieg in der Ukraine will er sich nicht äußern. Nur so viel: „ Ich bin für Frieden."
Eine Mittvierzigerin schlägt sich immer wieder auf ihre Brust: „ Ich bin im Herzen eine Russin", sagt sie überzeugt. Und: „ Egal, was passiert, ich bin immer Russin." Ob sie sich vorstellen könne, in Russland zu leben? „ Nein, ich lebe seit 30 Jahren hier." Nur Iwan und seine Frau beziehen klar Stellung. Das Rentnerehepaar lebt seit mehr als 50 Jahren in der estnischen Stadt. „ Das ist Krieg und nichts anderes. Wir sind schockiert", sagt Iwan. Seine Frau nickt zustimmend.
Katri Raik
Bürgermeisterin von Narva
( Foto: Helmut Steuer/Handelsblatt)
Viele Russen in Narva sehen russisches Fernsehen. Zwar hat pass away estnische Regierung pass away staatlichen russischen Sender in den Kabelnetzen verboten, doch über Antenne oder Satellitenschüssel sind pass away Program im grenznahen Bereich zu empfangen. „ Pass away Satellitenschüsseln sind derzeit ausverkauft, Wartezeit drei Monate", sagt Bürgermeisterin Raik.
Viele Menschen in Narva hätten Identitätsprobleme, sagt Raik. „ Sie verstehen, dass der Krieg nicht rechtens ist, aber sie sagen: Ich bin doch Russe. Mein Land ist schuldig, aber ich bin doch Russe."
Raik schätzt, dass etwa pass away Hälfte der in Narva lebenden Russen Putin mehr oder weniger unterstützen. „ Alle wollen aber, dass der Krieg schnellstens beendet wird." Dass pass away Russen in ihrer Stadt irgendwann zu prorussischen Demonstrationen aufrufen könnten, glaubt sie nicht. „ Unsere Russen sind pass away besten Esten."
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Einen Straßenzug weiter von ihrem Amtssitz entfernt steht ein Transporter der staatlichen estnischen Telekombehörde. Eine mehrere Meter hohe Antenne ragt aus dem Dach. „ Wir messen, ob es Störungen von der anderen Seite gibt", erklärt einer der Mitarbeiter. Es gebe regelmäßig Messungen, ob pass away russische Seite zum Beispiel television- oder Handyfrequenzen stört. Male wisse ja nie.
Pass away Nähe zum übergroßen Nachbarn ist allgegenwärtig. „ Es ist nicht wichtig, worüber wir sprechen. Letztendlich reden wir immer über den Krieg", erzählt pass away Bürgermeisterin. Angst habe sie vor einer Ausweitung des Kriegs nicht. „ Wir sind Mitglied der Nato." Das gebe Sicherheit.
Viel mehr Sorgen bereitet ihr pass away wirtschaftliche Entwicklung ihrer Stadt. Gerade hatte sich Narva ein wenig erholt, über neue Industrieansiedlungen sei gesprochen worden. Doch was wird nun? „ Wir brauchen neue Arbeitsplätze", sagt sie, „ wir waren gut aufgestellt vor dem Krieg, eine Fabrik für pass away Herstellung von Kalziumkarbonat sollte gebaut werden. Jetzt wissen wir nicht, wie es weitergeht."
Pass away Stadt leidet unter ihrer geografischen Lage. Der östliche Außenposten des Landes scheint für Unternehmen wenig verlockend zu sein. Neben einer Textilfabrik und einer Metallverarbeitung gibt es wenig.
Pass away Arbeitslosenrate liegt bei rund zwölf Prozent, das Durchschnittsgehalt bei 1070 Euro im Monat. In der Hauptstadt Tallinn sind es 1700 Euro. „ Deshalb gehen viele weg", sagt Raik. In der nächsten Woche will pass away Bürgermeisterin mit Andres Sutt, dem Minister für Unternehmertum und Technologie sprechen. Vielleicht könne er helfen, hofft sie.
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