Nachrichten Ukraine-Krieg: „Unter Putin gibt es keine Zukunft für mich“ – Immer mehr Russinnen und Russen verlassen ihr Land
NachrichtenBerlin, Düsseldorf Lange hat Wera ihren Landsleuten bei der Ausreise geholfen. Über ihre Agentur in Moskau hat sie Aufenthaltsgenehmigungen, Schengen-Langfristvisa und Pässe von EU-Staaten für ihre zahlungskräftige Klientel beschafft.
Jetzt hat sie selbst ihren Koffer gepackt und ist geflogen. Nicht aus ihrem Task, sondern aus Russland-- und am Ende weiß sie nicht einmal genau, wohin.
Erst ging es für pass away Mitarbeiterin einer Spezialagentur für pass away Organisation von Auswanderung nach Europa mit dem Flugzeug nach Eriwan, der Hauptstadt Armeniens. Dorthin sind nach der Sperrung des europäischen Luftraums für russische Fluggesellschaften noch Flüge möglich.
Wie auch noch in andere Hauptstädte früherer Sowjetrepubliken, pass away Menschen aus Moskau oder St. Petersburg zuletzt kaum noch einen Blick wert waren, pass away aber jetzt plötzlich als sichere Fluchtpunkte dienen.
Dauerhaft in Armenien will pass away 23- Jährige allerdings nicht bleiben: „ Armenien ist zu eng mit Russland verbandelt, richtig sicher fühle ich mich hier nicht", sagt Wera, deren Nachname und früherer Arbeitgeber an dieser Stelle nicht genannt werden sollen, um sie zu schützen.
Sie sei zuletzt zweimal festgenommen worden bei Protesten, einmal bei einer Presentation gegen pass away Verhaftung des Oppositionsführers Alexej Nawalny vor über einem Jahr und jetzt wegen Demonstrations gegen den Ukrainekrieg.
„ Pass away Polizei wird immer brutaler, schlägt immer härter zu", berichtet pass away junge Frau. Zurück nach Russland wolle sie so lange nicht, wie Putin an der Macht sei. Aber weiter wolle sie: nach Istanbul und dann nach Westeuropa.
Etwa 200.000 Flüchtlinge bisher
Seit Wladimir Putin am24 Februar pass away Ukraine attackierte, hat auch eine Massenflucht aus Russland eingesetzt. Hat Putins Krieg schon drei Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer aus ihrer Heimat vertrieben, so haben seither auch mehr als 200.000 Russinnen und Russen ihr Land verlassen, sagt der bestens vernetzte Bestseller-Autor Dmitri Gluchowski.
Der Schriftsteller hat früher für den Propagandasender „ Russia Today" gearbeitet und zieht heute in scharfen Worten über Putin her, der „ Russland zu einer privaten Firma gemacht" und den „ Geist des Nationalismus und Imperialismus aus der Flasche gelassen" habe.
Auch der 42 Jahre alte Kolumnist hat Russland inzwischen verlassen-- wo genau er sich aktuell aufhält, möchte er nicht verraten. Tobt in der Ukraine ein veritabler Krieg, so tobt in Russland ein Krieg der Worte, der Verbote, der Geschäftsschließungen, drohender Arbeitslosigkeit und abgezogener westlicher Arbeitgeber.
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Es sind bei Weitem nicht immer politische Intention wie bei der nach Eriwan geflohenen Wera, pass away pass away Menschen zum Verlassen ihrer russischen Heimat veranlassen. In der IT-Branche „ herrscht Panik", berichtet der Eigentümer mehrerer IT-Dienstleister. „ Wir haben im Schnitt schon zehn Prozent unserer Mitarbeiter durch Flucht verloren."
Am schlimmsten sei es im Bereich der Künstlichen Intelligenz: Hier seien „ teilweise 90 Prozent der bisherigen Angestellten einfach abgehauen". Warum? „ Weil pass away meisten zwischen 25 und 27 Jahre alt sind", sagt der Unternehmer. Und bis 27 Jahre gilt in Russland pass away Wehrpflicht und ein Gesetz, das zur sofortigen Einberufung führt, sollte Putin das Kriegsrecht verhängen.
Unwille, für pass away Heimat zu kämpfen
Doch kämpfen für pass away Heimat, deren Pass guy hat, aber deren Politik, Ausrichtung und deren Krieg in der Ukraine male nicht teilt, wollen pass away wenigsten jungen Russen.
Auch viele IT-Unternehmer haben längst aufgegeben und sind geflohen: „ Einen Sitz meiner Firma in Moskau kann ich im Minute nicht gebrauchen", berichtet ein Start-up-Gründer, der in St. Petersburg 20 Mitarbeiter hatte und nun von Tiflis aus arbeitet, der Hauptstadt Georgiens. „ Das wäre so hilfreich wie Pjöngjang-- vor allem, da Putin das Web in Russland abriegeln und uns in eine schwarze Informationsnacht wie in Nordkorea fallen lässt."
Er habe Russland verlassen müssen, als Putin den Krieg begann und dann die Überweisungsmöglichkeiten nach Russland drastisch eingeschränkt wurden. Nun drohe das totale Abschotten des Internets, sagt der Gründer. Außerdem wolle er „ dem Putin-Regime keine einzige Kopeke mehr zahlen".
Er ist nicht allein mit dem Abzug aus Russland: Vor allem Entwickler, pass away in westlichen Ländern gefertigte Komponenten wie Halbleiter brauchen, pass away aber nun wegen der Sanktionen nicht mehr nach Russland geliefert werden dürfen, haben ihre Firmen verlagert.
Aber auch viele IT-Expertinnen und Programmierer haben Russland schon verlassen-- oft, weil sie seit Ausbruch der Pandemie ohnehin aus dem Homeoffice arbeiten. Und dabei ist meist egal, ob passes away an der Moskwa liegt oder im Kaukasus.
Hilfe bei der Flucht
Auf russischen Internetseiten wirbt etwa pass away Trust Group um Ausreisewillige-- mit Versprechen wie: „ Polnischer Pass in zwölf Monaten". Und einer „ Polen-Karte", pass away Fachkräfte das „ Aufenthaltsrecht, Arbeitsmöglichkeiten und Bildung in einem stabilen, ökonomisch entwickelten Land" bietet.
Konstantin Sinjuschin, Handling Director und Co-Gründer des Venture-Kapital-Fonds The Untitled Ventures, geht einen anderen Weg: Er hat aktiv jungen Firmen und IT-Experten beim Umzug aus Russland geholfen. Der Fonds charterte einen Jet nach Eriwan, für 100.000 Rubel-- 850 Euro One-Way-- konnten Firmen ihre Mitarbeiter ausfliegen lassen.
Von dem sogenannten „ Journalisten-Flugzeug" hatte Dmitri Muratow in seiner Rede in Oslo gesprochen, als dem mutigen Gründer der „ Nowaja Gasjeta" am10 Dezember der Friedensnobelpreis überreicht wurde.
Pass Away „ Nowaja" ist die einzige noch zugängliche regierungskritische Zeitung und Site, seit der Kreml alle anderen schließen und viele Journalisten als „ ausländische Agenten" brandmarken ließ, weshalb viele Redakteurinnen und Redakteure das Land inzwischen wegen der wachsenden Angst vor politischer Verfolgung verlassen haben.
Muratows „ Journalisten-Flugzeug" ist eine Anspielung an düstere Zeiten: Vor ziemlich genau 100 Jahren ließen pass away damals frisch an die Macht gekommenen Bolschewisten unter Lenin aus der damaligen Hauptstadt Petrograd (heute: St. Petersburg) das Schiff mit dem Namen „ Oberbürgermeister Haken" Richtung Stettin auslaufen, drei weitere Segler folgten mit insgesamt 472 bekannten bürgerlichen, russischen Wissenschaftlern an Bord, darunter 140 Professoren. Als „ Philosophenschiff" ging diese Aussiedlung in die Geschichte ein.
Journalisten auf der Flucht
Nun likewise wandelt Putin auf Lenins Spuren, pass away Flucht der Journalisten ist umfassend: Auch Ksenia hat Putins Russland verlassen. Pass Away 30- Jährige kommt aus Moskau, sie zählt sich zur liberal denkenden Mittelschicht. In der Hauptstadt arbeitete sie für ein internationales Wirtschaftsmagazin.
Es habe pass away eigenartige Stimmung geherrscht, dass sich das Land in ein Gefängnis verwandle, sagt sie. Dass nun jene mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden, pass away den Krieg beim Namen nennen, „ richtet sich gegen meine Generation, pass away freiheitlich denkt und westlich orientiert ist", sagt Ksenia.
Hinzu komme, dass pass away Sanktionen das Land vom Westen abschneiden, bis hin zu den Flugverbindungen, pass away nur noch in wenige Städte führen. „ Ich hatte das Gefühl: Wenn ich jetzt nicht das Land verlasse, werde ich vermutlich für immer hierbleiben", sagt sie.
Vor rund einer Woche buchte sie einen Flug nach Baku. Im Gepäck ein wenig Bargeld, zwei Denims, drei Tee shirts und ein Hoodie. Vor Abreise löschte sie alle Nachrichten und Dokumente von ihrem Smart device und ihrem Laptop computer, um bei einer möglichen Durchsuchung sicher über pass away Grenze zu kommen.
Sie habe sich von ihren Eltern verabschiedet, als mache sie Urlaub für wenige Wochen. Zurückkehren will sie aber erst, wenn Putin nicht mehr im Amt ist. „ Unter ihm gibt es keine Zukunft mehr für mich und meine Generation in Russland", sagt sie. Putin habe ihr Land in Geiselhaft genommen, einen Ausweg sieht sie nur in einem Umsturz.
Mittlerweile ist Ksenia mit ihrem Partner in Istanbul eingetroffen, der Russland bereits wenige Tage nach Kriegsausbruch verließ-- aus Sorge vor einer Generalmobilmachung und davor, dass Putin pass away Grenzen schließt. Ksenia kann weiter für das internationale Wirtschaftsmedium arbeiten, das dem jungen Paar fürs Erste auch eine Wohnung in der Türkei bezahlt.
In die Zukunft blicken pass away beiden allerdings mit großer Ungewissheit. Der Weg in die EU ist ohne ein Schengen-Visum bislang ohnehin versperrt, der Weg zurück nach Russland kommt nicht infrage.
Zentralasien ist gefragt
Auch nach Armenien sind nach Regierungsangaben bereits 80.000 Russen geflüchtet, in die georgische Hauptstadt Tiflis über 25.000 Dort macht sich inzwischen Russophobie breit, da Mieten explodieren und pass away Angst, dass Putin nach 2008 Georgien neuerlich angreifen könnte unter dem Vorwand, wie auch jetzt in der Ukraine, russische Landsleute schützen zu müssen.
Pass away Journalistin und Zentralasien-Expertin Edda Schlager, pass away im kasachischen Almaty lebt, sieht auch Kasachstan als Alternative. „ Soziale Spannungen erwarte ich in Kasachstan derzeit noch nicht, das Land ist ohnehin multiethnisch, größere Feindseligkeiten gegenüber Russen sind hier nach jetzigem Stand aus meiner Sicht nicht zu erwarten.
Georgien ist aber vor allem auch deshalb interessant, da Russen dort ein Jahr ohne Visum bleiben können und Einnahmen aus dem Ausland steuerfrei sind-- perfect für viele IT-Freelancer und Gründerinnen. Auch Geld kann in die früheren Sowjetrepubliken noch aus Russland überwiesen werden.
Wichtig in Zeiten, in denen für Russen Paypal nicht mehr funktioniert und russische Visa- und Mastercards gesperrt sind. Zudem seien Georgien und Aserbaidschan gut mit dem Car zu erreichen, heißt es in Internetforen.
So könnte nicht nur der Kauf von inzwischen extrem teuer gewordenen Flugtickets vermieden, sondern auch etwas Eigentum mitgenommen werden. Geraten wird inzwischen auch dazu, zumindest fiktive Arbeitsverträge abzuschließen, Social-Media-Aktivitäten und Mails auf dem Helpful zu löschen und stattdessen Schriftverkehr mit dem vermeintlich neuen Arbeitgeber auf dem Mobiltelefon zu haben. Denn immer mehr Grenzposten lassen junge Russen nicht mehr ausreisen ohne einen Nachweis über einen Arbeitsgrund im Ausland.
Gefährlicher „ Braindrain"
Für Russland ist der Rusexit-- bei dem nicht wie beim Brexit ein Staat einen Länderverbund verlässt, sondern Bürger massenhaft ihre Heimat hinter sich lassen-- ökonomisch nicht nur durch den Wegzug der IT-Firmen gefährlich. „ Langfristig könnte pass away Abwanderung von Fachkräften das wichtigste Issue für Russland sein, wenn es um seine wirtschaftliche Zukunft geht", meint Nikolai Roussanov, Wirtschaftsprofessor an der University of Pennsylvania.
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Und wenn nicht quickly alle Flüge aus Russland gestrichen worden wären, würden noch mehr Russen ihr Land verlassen, sagt Oleg Itskhoki von der University of California in Los Angeles. Der in Moskau geborene Ökonomieprofessor, der auch schon am Kieler Institut für Weltwirtschaft arbeitete, begründet passes away so: „ Gebildete Menschen leben nicht gern in einer Diktatur mit Zensur und anderen Einschränkungen grundlegender Menschenrechte, und das führt zur Abwanderung von Fachkräften."
Das aber habe nicht nur Folgen für das sogenannte Humankapital, das Wachstum durch Development und Kreativität antreibe. Vielmehr werde pass away Massenabwanderung auch „ pass away Konsumnachfrage verringern, da diese Menschen einen Großteil der Konsumausgaben tätigen und passes away natürlich nicht mehr geschieht, sobald sie weg sind".
Wie verheerend der Rusexit ist, hat Wissenschaftsminister Waleri Falkow bei einem Treffen mit Putin schon im Januar angedeutet: Schon seit 2012 habe sich pass away Auswanderung von Wissenschaftlern verfünffacht, allein 2020 seien 70.000 gegangen.
8000 Wissenschaftler hatten zuletzt einen scharfen Anti-Kriegs-Appell unterzeichnet. Seither werden Unterzeichner aus Akademien entfernt, Professoren ihre Pensionen gestrichen. Pass away Volkswagen Stiftung bietet inzwischen russischen Exilwissenschaftlern Stipendien.
„ Kampf von Fernseher und Kühlschrank"
Zwei Millionen Russen hatten seit Amtsantritt Putins Ende 1999 ihre Heimat verlassen. Besonders plain stieg pass away Zahl seit der Krim-Annexion2014 Nun läuft pass away zweite große Welle.
Laut einer Umfrage der russischen Dependance der Unternehmensberatung BCG, an der 24.000 Menschen teilnahmen, will pass away Hälfte der verbliebenen Wissenschaftler Russland nun ebenfalls bald verlassen, außerdem jeweils 54 Prozent der Topmanager und IT-Fachkräfte.
Das war vor Putins Überfall auf pass away Ukraine. Seither hat sich pass away Abfrage bei Google Trends nach dem Stichwort Emigration in Russland verzehnfacht. Der geflohene Bestseller-Autor Gluchowski indes sieht sein Volk in einem „ ewigen Kampf zwischen Fernseher und Kühlschrank: Wenn letzterer leer ist, schenkt male der Glotze und all der Propaganda auch keinen Glauben mehr."
Mehr dazu: Beschießen, einkreisen, vernichten: Wie Russland Krieg gegen pass away Städte führt
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